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Content Marketing. Momentan habe ich das Gefühl, dass dieser Begriff überall in der Fachwelt zu lesen ist. Und was soll ich sagen: Es stimmt. Denn diese Marketing-Variante ist extrem wichtig. Doch was versteht man unter Content Marketing überhaupt?

Schauen wir doch einmal bei der Wikipedia rein, denn das ist häufig ein guter Gedanke, um einen ersten Überblick zu bekommen. Dort steht: »Content Marketing ist eine Marketing-Technik, die mit informierenden, beratenden und unterhaltenden Inhalten die Zielgruppe ansprechen soll, um sie vom eigenen Unternehmen und seinem Leistungsangebot oder einer eigenen Marke zu überzeugen und sie als Kunden zu gewinnen oder zu halten.« (Abgerufen am 17. Januar 2017)

Und genau das ist es: Sie als Vertreter Ihres Unternehmens liefern Inhalte (englisch: content), um Ihre Produkte oder Dienstleistungen zu vermarkten (englisch to market). Das ist das ganze Geheimnis.

Das ist das ganze Geheimnis? Naja, nicht so ganz.

Die Geschichte des Content Marketings

Content Marketing ist keine besonders neue Idee. Nur die Bezeichnung dieser verkaufsfördernden Maßnahme ist neu: Ab etwa 2001 begann Autor und Marketingexperte Joe Pulizzi den Begriff Content Marketing für diese Art der Verkaufsförderung zu verwenden. Erst seit etwa 2007 ist der Begriff branchenüblich.

Die Ursprünge reichen jedoch erstaunlich weit zurück, nämlich mindestens bis ins Jahr 1732. Weil die Liste der historisch belegten Content-Marketing-Maßnahmen sehr lang ist, möchte ich Ihnen lediglich einige ausgewählte Beispiele nennen.

  • Im Jahr 1732 begann der spätere US-Präsident Benjamin Franklin die Textsammlung Poor Richard’s Almanack herauszugeben, um auf seine Druckerei aufmerksam zu machen. Der Almanach enthielt Kalenderblätter, Wettervorhersagen, Gedichte und Sprüche sowie astronomische und astrologische Informationen und erschien bis 1758. 
  • Im Jahr 1801 eröffnete die französische Buchhandlung Librairie Galignani ein Lesezimmer in ihren Räumlichkeiten. Hier konnten die Kunden in Ruhe mit dem Lesen eines Buches beginnen und sich völlig frei entscheiden, ob sie es kaufen wollten. Außerdem publizierte die Buchhandlung eigene Bücher sowie eine Zeitung, die Ausschnitte aus Büchern und Artikeln von Autoren enthielt, die im Ladengeschäft zu kaufen waren.
  • 1887 veröffentlichte der New Yorker Buchverlag Charles Scribner‘s Sons erstmals ein regelmäßig erscheinendes Magazin, das einen Einblick in das Leben seiner berühmtesten Autoren gab, zu denen später auch Ernest Hemingway und Stephen King gehören sollten. Ziel des Magazins war es, das Interesse der Kunden an den Autoren so zu steuern, dass sie auch ihre Bücher würden lesen wollen.
  • Das bekannteste Beispiel für Content Marketing aber stammt aus dem Frankreich des Jahres 1900. Damals gab es nur um die 3.000 Autos in ganz Frankreich, und die wurden aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse kaum bewegt – ein Achsbruch oder Getriebeschaden irgendwo auf einer schlammigen Straße in der Provinz konnte verheerend sein. Auch ein Tankstellennetz gab es noch nicht. Um Autofahrern das Fahren zu erleichtern und auch um weitere Menschen für das Fahren zu begeistern, veröffentlichten die Brüder Édouard und André Michelin einen Leitfaden für Automobilisten, den Guide Michelin. Er enthielt zunächst nützliche Informationen für Autofahrer in ganz Frankreich, zum Beispiel Streckenbeschreibungen, Karten, Reparaturanleitungen, Listen mit Automechanikern, Bezugsquellen für Benzin und auch Hotels. Die erste Ausgabe erschien mit 35.000 Exemplaren – also weit mehr als es Autos gab. Als später das Straßen- und Tankstellennetz besser wurde, verlegte sich der Guide ausschließlich auf Hotels und Restaurants, und bis heute lässt die revolutionäre Sternebewertung, die 1936 eingeführt worden ist, die Wurzeln als Content-Marketing-Instrument für Reifenverschleiß deutlich erkennen: Ein Stern bedeutet in der deutschen Ausgabe des Führers »Eine Küche voller Finesse – einen Stopp wert!«, zwei Sterne »Eine Spitzenküche – einen Umweg wert!« und drei Sterne sogar »Eine einzigartige Küche – eine Reise wert!« 

Durch das Aufkommen der Fernsehwerbung in den 1940er- und 1950er-Jahren verlor das noch immer namenlose Content Marketing dramatisch an Bedeutung. Unternehmen konzentrierten sich nun fast ausschließlich auf den Verkauf statt auf die persönliche Beziehung mit ihren Kunden. Nur sehr wenige Firmen betrieben überhaupt Content Marketing, und nur wenige ihrer Maßnahmen gingen über die Herausgabe einer Kundenzeitschrift hinaus. Erst mit dem Aufkommen des Internets und von Suchmaschinen wie AltaVista und Google, vor allem aber schließlich durch Social Media erfuhr es wieder einen Aufschwung. 

Das Geheimnis von Content Marketing

Grundsätzlich verfolgt die Technik drei wesentliche Ziele:

  • Positionierung der Marke – Ihr Unternehmen kann durch strategische Content-Marketing-Arbeit seine Reichweite und Bekanntheit steigern und durch hochwertige Inhalte ein Experten-Image aufbauen und festigen.
  • Lead-Generierung und Kundengewinnung – Wenn Ihre bereitgestellten Inhalte den Leser überzeugen, ist er eher bereit, seine Kontaktdaten zu hinterlassen, um zum Beispiel weitere Inhalte oder weiterführende Informationen zu erhalten. Typisch und auch legitim ist hier der Einsatz von Newslettern.
  • Kundenbindung – Hochwertige Inhalte bieten Ihrem Kunden einen echten Mehrwert und bindet sie an Ihr Unternehmen. Nicht selten werden Ihre Inhalte von Bestandskunden an potenzielle neue Leads geteilt.

Auch wenn ich mich jetzt bei vielen, vielen klassischen werbeagenturen unbeliebt mache, die Content Marketing als eine Art Raketenwissenschaft an ihre Kunden teuer verkaufen: Content Marketing ist nicht schwierig. Content Marketing ist nicht geheimnisvoll. Content Marketing ist kein Mysterium. Alles, was Sie zu Content Marketing wissen müssen, finden Sie kostenlos im Netz, zum Beispiel hier in meinem Blog, aber auch bei großartigen Kollegen wie etwa Babak Zand.

Content Marketing ist also nicht schwierig. Aber Content Marketing

  • erfordert vom Vertrieb ein deutliches Umdenken in der Kundenansprache.
  • erfordert ein gerüttelt Maß an Selbstreflexion.
  • ist zeitaufwändig.
  • erfordert Geduld, denn Ergebnisse entstehen erst über längere Zeiträume und nicht über Nacht.

Content Marketing als Herausforderung für den Vertrieb

Die meisten Vertriebsstrukturen sind auf das sogenannte Push-Marketing ausgerichtet: Das Unternehmen drückt seine Botschaften in den Markt, typischerweise mit Werbebotschaften, die vom Empfänger schlicht und ergreifend nicht gewünscht sind und darum als Störung in der Lebensqualität empfunden werden. Beim Fernsehen sind die dauernden Werbespots, die eine Sendung an den spannendsten Szenen unterbrechen, dermaßen nervtötend, dass die Menschen die Werbeblöcke vor allem dazu nutzen, um auf Toilette oder zum Kühlschrank zu gehen. Damit werfen die werbenden Unternehmen Millionen zum Fenster raus.

Auch im Print funktioniert Werbung nicht mehr – beziehungsweise hat nie funktioniert. Die meisten Menschen blenden Werbung gedanklich einfach aus und blättern über die Anzeigen hinweg. Einen Sonderfall stellen vielleicht noch Anzeigenblättchen und Prospekte dar, die auf lokaler Ebene noch Erfolge erzielen können. Doch eingedenk der vielen »Keine Werbung!«-Aufkleber an den Briefkästen scheint auch das nicht mehr richtig zu funktionieren.

Und online?

Wenn man sich die Verbreitung von Werbeblockern (ein Viertel der Deutschen) und die Klickraten bei Display-Ads ansieht (nämlich 0,02 Prozent), müssen wir zur Kenntnis nehmen: Einfache Push-Werbung funktioniert auch im Online-Marketing nicht mehr.

Und daher muss das Marketing weg von der Push-Mentalität des letzten Jahrhunderts und hin zum Pull-Ansatz gelangen. Content Marketing ist hier ein wesentlicher Faktor, denn Content Marketing ist Werbung, die nicht nach Werbung stinkt.

[tweetshare tweet=“»Content Marketing ist Werbung, die nicht nach Werbung stinkt«, sagt @geropflueger in diesem Artikel: https://geropflueger.de/was-bedeutet-content-marketing/ #contentmarketing #werbung“ via=“no“]

Menschen googeln nach Lösungen ihrer Probleme

Dass Nutzer nach der Lösung ihrer Probleme googeln, ist keine neue Erkenntnis. Selbst wenn es um medizinische Belange geht, glauben viele Leute, dass Google eine bessere Beratung bietet als ein Arzt. Das ist zwar vollkommen falsch, weil ein Laie nicht einschätzen kann, ob die Antwort im Netz richtig oder falsch ist, aber nun einmal Tatsache. Diese Suchfreude machen wir uns im Content Marketing zunutze. Wir ziehen den Suchenden mit einer passenden Antwort auf unsere Website. Ziehen heißt auf Englisch to pull – darum der Begriff »Pull-Marketing«.

Merksatz: Die Menschen suchen im Web nach Lösungen ihrer Probleme – Content Marketing liefert problemlösende Inhalte.

Der zentrale Dreh- und Angelpunkt guten Content Marketings ist ein Corporate Blog. (Tipps dazu finden Sie überall im Netz, natürlich auch auf unserer Seite.) Hier können Sie Artikel publizieren, die vom Problem des potenziellen Kunden ausgehen und dieses Problem lösen (und nebenbei Ihre ohnehin notwendige SEO-Arbeit unterstützen). Lautet die Frage des potenziellen Kunden zum Beispiel: »Welchen Stromanschluss benötige ich in meiner Garage, um mein Elektroauto aufzuladen?« und Sie sind ein Elektro-Fachbetrieb, dann lösen Sie das Problem des Suchenden, indem Sie ihm die korrekte Antwort geben.

Hard-Selling und Content Marketing

Mit einem Irrglauben muss ich allerdings an dieser Stelle aufräumen: Content Marketing ist keine Verkaufstechnik. Content Marketing bezeichnet vielmehr eine Kommunikationsstrategie. Wenn Sie versuchen, einen Verkauf in Ihrem Artikel zu erzwingen, können Sie das komplett vergessen. Schrieben Sie als der Elektro-Fachbetrieb in Ihren Artikel zum Garagen-Stromanschluss zum Beispiel einen klassischen Push-Marketing-Satz wie »Mit der patentierten Drehstrom-Wandladestation eLoader carMAXX++® wird das Laden Ihres Elektrofahrzeugs in der Garage zum Kinderspiel« hinein, sind Ihre Leser schneller wieder weg als Sie gucken können. Gutes Content Marketing formuliert dieselbe Aussage viel weicher, etwa so: »Um Elektrofahrzeuge schnell zu laden, ist ein Drehstromanschluss notwenig, der fachmännisch gelegt werden und über geeignete elektrische Sicherungen verfügen muss. Diese Sicherungen sind in Wandladestationen enthalten, die Sie über Elektro-Fachbetriebe beziehen und montieren lassen können.«

Sätze wie diese bauen beim Leser Vertrauen auf, denn ihm wird die Wahl gelassen, ob er Ihr Unternehmen oder ein anderes beauftragt. Aber er befindet sich auf Ihrer Website – das ist ein echter Heimvorteil. Denn da findet er Ihre Telefonnummer, Ihr Kontaktformular und Ihr kostenloses Angebot, weitere tolle Artikel zum Thema zu lesen.

Methoden wie Hard-Selling und Content Marketing schließen sich aus. Content Marketing basiert darauf, dem potenziellen Kunden auch als Unternehmen Vertrauen entgegenzubringen, sich auf ihn einzulassen und eine langfristige und nachhaltige Beziehung aufzubauen. Der potenzielle Kunde wird nicht beim ersten Mal bei Ihnen kaufen. Auch nicht beim zweiten Mal. Wenn er aber auf der Suche nach einem Produkt oder einer Dienstleistung über die hochwertigen Inhalte Ihres Unternehmens stolpert, dann haben Sie den Grundstein für eine gute Geschäftsbeziehung gelegt.

Was gehört alles zu Content Marketing?

Nun besteht Content Marketing nicht nur aus informativen und problemlösenden Beiträge in Ihrem Corporate Blog. Flankiert werden diese Artikel durch viele weitere Maßnahmen, etwa durch

  • Infografiken
  • Whitepaper
  • E-Books
  • Snack-Content (wir arbeiten hier gern mit Franz-Josef Baldus von koelnkomm zusammen)
  • Videos
  • Podcasts
  • sogar durch gedruckte Broschüren oder Bücher
  • und noch vieles mehr

Ziel des Ganzen ist, dass der potenzielle Kunde positive Assoziationen mit Ihrem Unternehmen verbindet – und das ganz ohne das für ihn lästige Produktmarketing aus dem letzten Jahrhundert.

Wirkt Content Marketing überhaupt?

Ob Content Marketing wirkt? Na sicher. Aber es dauert eben, üben Sie sich daher in Geduld. Wie lange es dauert? Kommt drauf an. Je nach Ihrem Einsatz – Engagement wie auch Budget – mehr oder weniger lange. Je mehr Artikel in Ihrem Blog veröffentlicht werden, desto mehr Fragen können Sie beantworten, desto mehr Probleme können Sie lösen, desto mehr Besucher kommen auf Ihre Seiten und desto mehr Leads generieren Sie. Doch nicht nur die Google-Suche ist eine Quelle für potenzielle Leads, sondern natürlich auch soziale Medien wie Facebook, Twitter oder XING – denn dort verbreiten Sie Ihre Inhalte aktiv. Vielleicht sind Sie auf diesen Artikel über Content Marketing über die Google-Suche gestoßen, weil Sie die Suchmaschine »Was ist Content Marketing?« gefragt haben. Vielleicht haben Sie ihn über einen unserer Tweets entdeckt. Vielleicht kamen Sie über unsere Facebook-Seite her oder ein anderes Social Network. Aber in jedem Fall sind Sie hier als Ergebnis unserer Content-Marketing-Strategie gelandet. Und Sie haben diesen Artikel bis zum Ende gelesen. Ja, Content Marketing wirkt.