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Die Business-Netzwerke XING und LinkedIn sind in einer sich ständig weiterentwickelten Welt die logische Addition zum üblichen Getümmel auf privaten Netzwerken. Plattformen mit professioneller Ausrichtung wachsen seit 2003 und haben mittlerweile mit weit über 700 Millionen Nutzern in der westlichen Welt eine Reichweite aufgebaut, bei dem von einer Nische längst nicht mehr gesprochen werden kann. Die populärsten professionellen Social Networks im deutschen Raum sind LinkedIn und XING. Welches Netzwerk für Sie am besten ist, darüber können Sie sich im Folgenden einen Eindruck verschaffen.

Was ist eigentlich ein Business-Netzwerk?

Wenn Sie irgendeiner Social-Media-Plattform beitreten, dann müssen Sie typischerweise ein persönliches Profil anlegen. Es besteht in aller Regel aus mindestens einem (Nutzer-) Namen und einem Bild. Da unterscheiden sich Facebook, Instagram, Twitter, XING oder LinkedIn nicht groß voneinander. Ebenfalls allen gemein ist, dass Sie sich mit anderen Nutzern der Plattform vernetzen – je nach Social-Media-Dienst nennen Sie sich dann zum Beispiel Buddy, Follower, Freund oder Kontakt. Die vernetzten Nutzer interagieren dann untereinander und tauschen Informationen aus.

Gegenüber generellen Social Networks wie Facebook haben die Business-Networks XING und LinkedIn jedoch einen völlig anderen Ansatz. Während auf Facebook eher private Gespräche mit Freunden und Familienmitgliedern geführt (und niedliche Katzenvideos und Bilder vom Mittagessen geteilt) werden, fokussieren sich Business-Networks auf den beruflichen Bereich. Sie vernetzen sich hier also mit Ihren Geschäftspartnern und Kollegen, mit Kunden und Lieferanten und tauschen sich auf eher beruflicher Ebene aus. Und das – zumindest meistens – ganz ohne Katzenbilder.

Obwohl sowohl XING als auch LinkedIn den einzelnen Nutzer in den Mittelpunkt stellen, bieten beide auch die Möglichkeit für Unternehmen, sich mit einer eigenen Präsenz darzustellen. Allerdings hat XING diese Funktionalität in den letzten Jahren immer weiter zusammengestrichen, während LinkedIn sie immer weiter ausbaut und für steigende Attraktivität sorgt.

Wozu dienen die Business-Networks XING und Linkedin?

Sinn und Zweck eines Business-Networks ist letztendlich für den angemeldeten Nutzer, individuell mit Hilfe der Plattform beruflich voranzukommen. Arbeitnehmer nutzen es, um neue Arbeitgeber zu finden, Arbeitgeber rekrutieren neues Personal, Freiberufler finden neue Kunden und Unternehmen finden neue Dienstleister.

Für Arbeitnehmer sind beide Plattformen attraktiv. Ihr Profil bei XING oder LinkedIn liest sich nicht umsonst wie ein Lebenslauf. Headhunter finden bei beiden Netzwerken sogar speziell für sie eingebaute – und kostenpflichtige – Funktionen vor. XING ist mit seinem Zukauf kununu hierbei besonders interessant für Jobsuchende, denn kununu ist ein Bewertungsportal, auf dem angestellte Mitarbeiter ihren Brötchengeber anonym beurteilen können. Jobsuchende können sich dort also noch bevor sie sich überhaupt bewerben über den potenziellen Arbeitgeber informieren. (Das wiederum bedeutet, dass Sie als Unternehmer ein Auge darauf haben sollten, wie Ihre Mitarbeiter Ihren Betrieb bei kununu bewerten, weil nur gut bewertete Arbeitgeber wirklich interessant für qualifizierte Arbeitnehmer sind.)

In Business-Networks steckt für alle Nutzer – seien es Privatpersonen, Unternehmerpersönlichkeiten oder auch ganze Unternehmen – ein reiches Potenzial an Chancen. Die New Work SE allerdings, das Unternehmen hinter XING, positioniert XING immer stärker als reine Karriereplattform für das mittlere Management, bei der der ursprüngliche Social-Media-Aspekt irgendwie unter die Räder gekommen ist und nur noch wie ein ungeliebter Wurmfortsatz wirkt. Ob XING langfristig überhaupt noch als Social-Media-Plattform durchgehen wird, ist derzeit fraglich. Ich habe eher das Gefühl, dass XING innerlich den Konkurrenzkampf gegen LinkedIn aufgegeben hat und sich nunmehr gegen reine Jobplattformen wie Indeed oder Monster positioniert.

Dafür nähert sich LinkedIn immer weiter in Funktionalität und Aussehen dem größten Social-Media-Network an, das die Welt je gesehen hat: Facebook. Das ist für ein rein berufliches Network hochgradig erstaunlich.

XING oder LinkedIn – was ist die bessere Plattform?

Um herauszufinden, welches der beiden Networks für Sie persönlich das Richtige ist, müssen Sie sich ein paar Fragen stellen, die nur Sie beantworten können.

Beide Netzwerke sind grundsätzlich kostenlos, bieten Ihnen dann aber nur einen Teil ihrer Funktionen an. So können Sie in der kostenlosen Version beider Plattformen niemanden anschreiben, der nicht Ihr direkter Kontakt ist – was einigermaßen sinnlos ist, wenn Sie etwa Kundenakquise betreiben möchten. Ich empfehle Ihnen daher unbedingt, einen Premium-Account zu nutzen. Doch hier geht es schon los, denn die Kosten zwischen beiden Netzwerken differieren erheblich. Ob es XING oder LinkedIn wird, kann also schon von den Kosten her entschieden werden. Daher lohnt es sich, einen Blick auf die Premium-Funktionen zu werfen.

Was kostet Premium bei XING?

Auf XING können Sie eine Ein-Jahres-Premium-Mitgliedschaft für 9,95 Euro pro Monat, bei nur drei Monaten Laufzeit 11,95 Euro pro Monat (Stand September 2020) erwerben und schalten damit alle Premium-Funktionen frei, die die Plattform bietet. Im Wesentlichen bedeutet das, dass Sie alle Besucher Ihres Profils sehen können, eine Prognose über das zu erwartende Einkommen bei einem neuen Arbeitgeber erhalten, eine (leider funktional immer stärker eingeschränkte) erweiterte Suche für Kontakte und Unternehmen bekommen und Menschen anschreiben können, die noch keine Kontakte sind. Außerdem können Sie sich ein Hintergrundbild definieren und so ein bisschen individueller werden. Vor allem aber werden Sie einen Großteil der lästigen Werbung los, die den kostenlosen Basis-Account verseucht.

Darüber hinaus bietet XING für Arbeitnehmer auf Jobsuche die so genannten ProJobs an, deren Preise massiven Schwankungen unterworfen sind, weil die XING-Mutter New Work SE permanent irgendwelche Rabatte dafür raushaut. Der Listenpreis liegt je nach Laufzeit zwischen 20 und 30 Euro im Monat (Stand Juli 2021). Zu guter Letzt gibt es auch noch ProBusiness für etwa 70 Euro im Monat (Stand Juli 2021), das Unternehmen und Vertriebler bei Ihren Aktivitäten im Bereich der Kundenakquise helfen soll. ProJobs wie auch ProBusiness setzen eine existierende Premium-Mitgliedschaft voraus, sind eigenständige Add-on-Verträge mit eigener Laufzeit und eigener Kündigungsfrist und müssen separat gekündigt werden.

Außerdem bietet XING noch eine Vielzahl an speziellen Tools an, die Sie extra bezahlen müssen. Ich selbst bin beispielsweise für etwa 40,00 Euro netto pro Monat bei XING Coaches + Trainer registriert, um meine Leistung als Trainer für Social-Media-Marketing zu vermarkten. Die Bewertungen, die ich auf dieser Plattform erhalte, kann ich dann als Widget auf meiner Website einbauen, um Vertrauen in meine Leistung aufzubauen. Das sieht dann so aus:

Das Problem an der Sache ist, dass viele meiner Kunden gar keine Lust haben, bei XING Coaches + Trainer eine Bewertung zu hinterlassen. Stattdessen schreiben sie ihre Bewertung über mich auf Google, auf Facebook und sonstwo im Internet. Das lässt sich natürlich zusammenfassen, und das habe ich natürlich zumindest mit den drei wichtigsten Plattformen auch getan. Allerdings handelt es sich dabei um ein generelles Problem des Internets und hat wenig mit XING zu tun.

Was kostet Premium bei LinkedIn?

Tabellarische Übersicht der Premium-Preise des Business-Netzwerks LinkedIn.
Die vier Premium-Tarife von LinkedIn, Stand September 2020.

Wenn Sie sich die Premium-Features auf LinkedIn anschauen, werden Sie feststellen, dass es dort verglichen mit XING erheblich teurer zugeht. Auf »normale« Nutzer warten mit Premium Career monatliche Beträge von um die 20 Euro. Wer ein bisschen mehr Funktionalität haben will, muss für Business Premium bereits 45 Euro im Monat berappen. Wenn Sie vertriebsorientiert sind, kommen Sie um den Sales Navigator für knapp 60 Euro monatlich nicht herum, und suchen Sie nach Personal sollten Sie sich den Recruiter-Account für fast 90 Euro monatlich anschauen.

Wenn Sie aber eine Unternehmerpersönlichkeit sind, die sowohl Vertrieb als auch Personalwesen gleichzeitig macht – eine im deutschen Mittelstand nicht gerade unübliche Konstellation – müssen sie sich entscheiden.

Für mich als Social-Media-Berater ist das komplett ätzend, denn ich benötige eigentlich Kenntnisse zu allen Funktionen – kann die aber nicht komplett einkaufen, sondern immer nur Ausschnitte. Aus lauter Frust darüber habe ich mich ursprünglich mal für die kleinste Premium-Variante entschieden: das nicht besonders beworbene und darum auch nicht besonders bekannte Premium Essentials für etwa 10 Euro im Monat. Die Voraussetzungen dafür beschreibt der zuständige Produktmanager bei LinkedIn. Mittlerweile bin ich aber als Abonnent der von LinkedIn erworbenen und zu LinkedIn Learning umgetauften Online-Lernplattform Lynda.com in den Genuss eines im offiziellen Preislisting nicht angegebenen Sondertarifs gekommen, der mich 25 Euro monatlich kostet.

Doch bevor Sie sich über die doppelt so hohen Preise aufregen: Alleine diese LinkedIn-Learning-Funktion ist das Geld locker wert. Dort finden Sie Tausende hochqualitative Videokurse, die häufig über ein, zwei Dutzend Stunden gehen und jeden beliebigen beruflichen Themenbereich abdecken – von Grundlagen des Zeitmanagements über Marketing-Wissen bis hin zu fundamentalen Kenntnissen über bekannte Software-Produkte. Sie können Vertriebstechniken erlernen, Selbstorganisation oder Photoshop, Videobearbeitung mit Premiere, After Effects oder Final Cut Pro, die Erstellung von Podcasts oder sonstwas. Es ist unfassbar, was dort für ein stetig wachsender und häufig aktualisierter Wissensschatz für ein paar zerquetschte Euro im Monat lagert.

Datenschutz

Die hinter XING steckende New Work SE ist ein deutsches Unternehmen, LinkedIn gehört hingegen zum US-Konzern Microsoft. Während bei XING die sehr strengen europäischen und deutschen Datenschutzbestimmungen der DSGVO Anwendung finden und zudem alle Daten in EU-Datencentern liegen, können die Behörden der USA auf all Ihre bei LinkedIn liegenden Daten zugreifen. Die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden zu den Machenschaften des US-Geheimdienstes NSA machen dies nur allzu offenbar. Außerdem ist im Juli 2020 die Privacy Shield genannte Vereinbarung zum Datenschutz von EU-Bürgern zwischen der Europäischen Union und den USA durch den Europäischen Gerichtshof für nichtig erklärt worden. Damit hat eine offizielle EU-Stelle deutlich gesagt: »Liebe amerikanischen Freunde, eure laschen Datenschutzbestimmungen sind für uns schlicht und ergreifend nicht gut genug.« Was daraus alleine schon juristisch folgt, ist selbst jetzt – im Juli 2021 – noch gar nicht klar.

Nationale oder internationale Kontakte?

LinkedIn hat weltweit mehr als 770 Millionen Mitglieder. In Deutschland, Österreich und der Schweiz – dem sogenannten DACH-Raum – handelt es sich um 16 Millionen aktive Nutzer.

XING gibt mittlerweile keine weltweiten Zahlen mehr heraus – zu armselig mag es gegen die Dreiviertelmilliarde sein, die LinkedIn vorweisen kann. Immerhin weiß man, dass rund 19 Millionen Menschen im DACH-Raum bei XING angemeldet sind. (Angemeldet sein heißt allerdings nicht, den Dienst auch aktiv zu nutzen!) Doch immerhin ist XING damit der größte europäische Social-Media-Dienst überhaupt – falls es noch zu Social Media gezählt werden kann. Wie gesagt hege ich meine Zweifel daran.

Früher galt: »Wenn Sie sich ausschließlich im deutschsprachigen Markt bewegen, nutzen Sie besser XING. Wenn Sie aber international tätig sind, nutzen Sie lieber LinkedIn.« Doch diese Faustregel von früher scheint schon seit Jahren nicht mehr zu stimmen. Es gibt dramatische Hinweise darauf, dass LinkedIn schon im Sommer 2014 mehr aktive Mitglieder in Deutschland, Österreich und der Schweiz als XING auf sich vereinigen konnte (Quelle). Offizielle Zahlen fehlen jedoch. Das würde dann heißen: »Egal, ob Sie nur nationale oder internationale Kontakte haben – nutzen Sie LinkedIn.«

Subjektiv muss ich diesem Eindruck aus meiner Perspektive zustimmen, auch wenn die Gratulationsquote meiner Profile objektiv noch immer etwas anderes sagt und zu XINGs Gunsten ausschlägt. Mein persönliches Pendel schlägt derzeit massiv in Richtung LinkedIn. Und interessanterweise sind viele meiner XING-Kontakte auch auf LinkedIn anzutreffen. Raten Sie mal, wo ich mit denen in Kontakt trete…

Look & Feel

Viele Nutzer empfanden XING früher als aufgeräumter und übersichtlicher als LinkedIn. Auch die Farbwahl war für viele beim deutschen Netzwerk angenehmer und frischer als die des amerikanischen Pendants. Doch das hat sich radikal gewandelt. XING ging immer bizarrere Wege beim User-Interface (das ändert sich seit dem Sommer 2021 unter einer neuer Geschäftsführung, allerdings zunächst nur in der Smartphone-App), während LinkedIn sich stärker an die bekannte Facebook-Funktionalität anlehnt (und zudem die ausgetretenen und damit bekannten Nutzerpfade des Internets berücksichtigt). Dass XING es im Gegensatz zu LinkedIn schlicht und ergreifend nicht hinbekommt, eine vernünftige User Experience zu schaffen, könnte natürlich an der Manpower liegen – XING dürfte dramatisch weniger Entwickler zur Verfügung haben als das zu Microsoft gehörende LinkedIn.

Fazit

Egal ob XING oder LinkedIn: Zumindest ein kostenloses Profil sollten Sie in beiden Networks haben, damit berufliche Kontakte und alte Kollegen Sie mühelos auffin­den können. Beide Profile sollten außerdem möglichst sorgsam gepflegt werden. Über die Zeit werden Sie feststellen, welche Plattform Ihnen persönlich mehr behagt und mit welchem der beiden Sie Ihre Ziele besser verfolgen können (Tipp: Wie Sie bessere Kontaktanfragen auf XING oder LinkedIn verfassen, erfahren Sie in diesem Artikel). Ob XING oder LinkedIn entscheidet letztlich immer nur einer – der Nutzer, also: Sie.